Menschenjagt by Stephen King
Autor:Stephen King [King, Stephen]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-04-08T22:00:00+00:00
… Minus 055 … und der Countdown läuft …
Der Montag war genau wie der Sonntag - die Arbeitswelt kannte schon lange keinen besonderen Tag in der Woche mehr, an dem man freihatte.
Abends um halb sieben ließ sich Pater Ogden Grassner einen ›Meatloaf Supreme‹ aufs Zimmer bringen und setzte sich damit gemütlich vors Free-Vee, um sich Menschenjagd anzusehen.
(Die Hotelküche mochte für jeden, der mit besserer Nahrung als Hamburger und Konzentratpillen groß geworden war, ungenießbar sein, aber Richards fand das Essen köstlich.) Der erste Teil der Sendung, der sich mit ihm selbst befaßte, unterschied sich nicht sehr von den beiden vorherigen Abenden. Richards Rede wurde wieder von den Buhrufen des Publikums übertönt. Bobby Thompson gab sich wie immer weltmännisch und abgefeimt. In Boston wurde jetzt Haus für Haus durchsucht. Jeder, der den Flüchtling bei sich aufgenommen hatte, sollte sofort getötet werden. Richards lächelte freudlos, als die Werbespots eingeblendet wurden.
Es war gar nicht so schlecht; auf gewisse Art fand er die Sendung sogar lustig. Er konnte alles vertragen, solange sie die verstorbenen Polizisten nicht brachten.
Der zweite Teil war jedoch bedeutend anders. Thompson hatte ein breites Lächeln aufgesetzt. »Nachdem wir nun die letzten Bänder gesehen haben, die uns das Monster, das sich Ben Richards nennt, geschickt hat, habe ich auch eine gute Nachricht für euch …«
Sie hatten Laughlin erwischt.
Er war am Freitag in Topeka gesehen worden, aber die intensive Suche nach ihm hatte weder am Sonnabend noch am Sonntag zu irgendwelchen Ergebnissen geführt. Richards hatte angenommen, daß Laughlin sich genau wie er durch die Linien geschlichen hatte und entkommen war. Doch Laughlin war am Nachmittag von zwei Kindern gesehen worden. Er hatte sich in einem Geräteschuppen der Straßenbaubehörde versteckt. Irgendwann auf der Flucht hatte er sich das rechte Handgelenk gebrochen.
Die beiden Kinder, Bobby und Mary Cowles, lächelten strahlend in die Kamera. Bobby Cowles fehlte ein Zahn, und Richards fragte sich, ob ihm die Zahnfee über Nacht einen Quarter gebracht hatte. Die Bilder machten ihn ganz krank.
Thompson verkündete wichtigtuerisch, daß die beiden Kinder, ›Topekas Bürger Nr. K‹, am nächsten Abend im Studio erscheinen würden, um eine Verdienstmedaille überreicht zu bekommen. Zusätzlich erhielten sie noch einen lebenslangen Gutschein für Frühstückscornflakes und jeder einen Scheck über tausend Dollar, den ihnen der Gouverneur von Kansas, Mr. Hizzoner, überreichen würde. Das Publikum reagierte mit gellendem Jubelgeschrei.
Die folgenden Bilder zeigten Polizisten, die Laughlins zerschossenen Körper aus dem Schuppen zerrten, der vorher zu einem schwelenden Haufen niedergebrannt war. Bravo-schreie, gemischt mit Buhrufen und Pfiffen aus dem Publikum.
Richards wandte sich angeekelt ab. Dünne, unsichtbare Finger schienen sich gegen seine Schläfen zu pressen.
Wie aus weiter Entfernung hörte er, wie der Bericht weiterging. Laughlins Leiche war im Rundbau des Regierungsgebäudes von Kansas aufgebahrt worden. Es hatte sich schon eine riesige Schlange von Menschen gebildet, die neugierig an ihm vorbeidefilierten. Ein Polizist, der bei der Ergreifung dabeigewesen war, berichtete in einem Interview, daß Laughlin sich kaum zur Wehr gesetzt hätte.
Wie schön für euch, dachte Richards. Er erinnerte sich an Laughlins säuerliche Stimme, den direkten, spöttischen Blick seiner Augen.
Eine Freundin von mir aus unserer Fahrgemeinschaft.
Jetzt gab es nur noch eine große Show, und das war Ben Richards.
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